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WO STEHST DU?

Studio Naxos, Implantieren Festival, Frankfurt

2015/ 2016

“Flanieren ist ein im Modus der Zerstreutheit physisch praktiziertes Lesen, Erinnern. Unterm Schlendern wird der harte Asphalt der Stadt doppelbödig und hallt wider.”

Walter Benjamin

Das Buch „Wo stehst du?“ ist ein Stadt- und Architekturführer. Es führt Dich zu wichtigen Denkmälern der Frankfurter Wohnungsgeschichte, zu utopischen und dystopischen Szenarien, Orten des Widerstands und Brutstätten von Träumen.

Gleichzeitig funktioniert das Buch wie eine Schnittstelle zwischen verschiedenen Medien und Realitäten: in Verbindung mit einer App können mittels des Buches auch Videos und Interviewfragmente auf dem Handy abgespielt werden. So wird das Buch zu einem sehr langen Spaziergang durch verschiedene Zeiten, zu einer Übungsanleitung im Flanieren.

Dieses Buch ist eine Performance. Es ist nicht käuflich erwerblich.

Stadtführer haben das Potential die Stadt, welche sie verhandeln zu verändern und somit sind sie das wohl performativste Buchformat, das es gibt.

Ich bin in Barcelona, einer sehr touristischen Stadt, aufgewachsen. In meiner Nachbarschaft ließ sich ein immer gleich ablaufender Prozess beobachten. Eine Bar oder ein Restaurant wurde in den Lonely Planet aufgenommen und spätestens vier Monate später war dieser Ort nicht mehr das was er früher mal war. Er war tot, hatte sich voll und ganz in den Dienst der Konsumentenansprüche der Touristen gestellt. Die Menschen, denen dieser Ort eigentlich mal gehörte hat, waren verschwunden.

Dadurch ergab sich folgender Gedanke: was passiert, wenn wir dieses performative Potential nutzen? Wenn wir, anstatt Städte zu Konsumorten werden zu lassen, den Stadtführer einsetzen, um Utopien wieder aufleben zu lassen?

Ein Stadtführer kann ja ganz konkret Menschen zu Handlung und Aktionen auffordern. Indem er den Leser zum Beispiel dazu auffordert in dieser Bar „unbedingt den Café con leche mit Blaubeerstreuseln drauf“ zu bestellen. Was aber würde passieren, wenn wir die Leser*innen dazu auffordern Wege zu gehen, die sonst nicht gegangen werden?

In einem solchen Denken würde der Leser nicht zum Touristen, sondern zu einem Aktivisten, der eine andere Stadt entstehen lässt.

Wo stehst du gerade? In einer Buchhandlung? In einem Theater? Einem Geschäft? Schau dich mal um… was siehst du? Wände, die dich beschützen. Türen, die sich abschließen lassen. Fenster, durch welche du nach draußen blicken kannst und durch das Glas geschützt an der Welt teilhaben kannst.

Was ist das „ein Haus“? Und was ist ein Zu-hause? Und was ist eine Stadt? Kann eine Stadt als eine Ansammlung von temporären und festen Zuhausen gesehen werden? Können wir von Stadt als Wohnung sprechen?
Und was bedeutet es, wenn im Grundgesetz unter Artikel 13 steht, die Wohnung sei “unverletzlich”? Und was bedeutet es, wenn knapp darunter, im Artikel 14 “Eigentum verpflichtet” steht. Zu was?

Dieses Buch ist eine Hommage an die Stadt Frankfurt, eine Stadt, für die es ca. 2 Jahre braucht, um sie zu lieben. Und es ist ein Appell an das Potential, das in dieser Stadt schlummert. Eine Stadt, die unter vielen anderen Dingen Anfang des letzten Jahrhunderts unseren Blick auf das Wohnen revolutioniert hat.

Dieses Buch ist ein Stadtführer. Es führt dich zu wichtigen Denkmälern der Frankfurter Wohnungsgeschichte, es leitet dich durch utopische und dystopische Szenarien und nicht zuletzt zu Orten des Widerstands und Brutstätten von Träumen.
Unterwegs wirst du auf Bewohner*innen treffen, die tagtäglich ein anderes Frankfurt performen.

Dieses Buch funktioniert wie ein sehr langer Spaziergang mit guten Gesprächspartner*innen und es ist eine Übungsanleitung im Flanieren. Für Walter Benjamin ist Flanieren “physisch praktiziertes Lesen, Erinnern. Unterm Schlendern wird der harte Asphalt der Stadt doppelbödig und hallt wider.” Und mit jedem Schritt, den du gehst, formulierst du neue Aussagen. Mit jedem Schritt zeichnest du neue Linien, zeichnest die Stadtkarte eines anderen Frankfurts.

Und schließlich wird der Raum in dem Maße wie er Handlung und Beobachtung von Subjekten durch andere Subjekte konfiguriert zur Bühne und du, liebe*r Leser*in, sobald du dort vorne durch die Tür gehst, wirst zum Schauspieler, zur Darstellerin der Geschichte dieser Stadt.

Nimm mich jetzt mit und geh mit mir zu der Tür, die auf die Straße führt. Gleich öffnet sich der Vorhang. Nach und nach betreten die Akteure die Bühne der Stadt.

Redaktion und Texte: Eleonora Herder
Layout und Grafikdesign: Anna Sukhova
Videodesign und Fotografie: Alla Poppersoni
Produktion und Interviews: Maria Isabel Hagen
Sounddesign: Jan Mech
Dramaturgie und Lektorat: Annegret Schlegel
Beratung und Recherche: Tim Schuster

So sieht das Buch aus:

Und so funktioniert es:

Instructions for use:

„Was bedeutet „Stadt für alle“? Darf man lange leer stehende Häuser, die der Stadt gehören, besetzen? Darf die Stadt sie polizeilich räumen lassen?“ 

(Janette Faure: „Frankfurter Stadtlabor unterwegs: Stadtführung mit Buch“, Bornheimer Wochenblatt, 24.08.2015)

„Schade, dass der Stadtführer auf dem linken Auge ziemlich blind ist. Insgesamt jedoch ist das spannende Experiment sehr gelungen. Das Buch ist gespickt mit klugen Zitaten von Alexander Kluge, Theodor Adorno und Roland Barthes. Der lesende Flaneur lernt seine Stadt tatsächlich mit anderen Augen und aus einem anderen Blickwinkel kennen.“ 

(Rainer Schulze: „Mit dem blauen Buch durch die Stadt“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.11.2016)

„Für alle die Frankfurt einmal aus einer völlig neuen Perspektive betrachten wollen“

(„Performance im Bethmannpark“, Frankfurter Rundschau, 14.08.2016)

„Das Buch leitet den Lesenden auf geheimen Wegen durch die Stadt und leitet ihn zugleich an, ,im Sinne eines aktivistischen Tourismus´ selbst Schritt für Schritt ein anderes Frankfurt zu machen.“

(Esther Boldt: „Implantieren“, Journal Frankfurt Nr. 20/ 16)