Alle Artikel mit dem Schlagwort “Theater

SITE OF FICTION

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SITE OF FICTION

Landestheater Marburg / LAB Frankfurt

2013 / 2014

SITE OF FICTION
Eine Illusionsmaschinerie

Die Tür wird geöffnet und ich betrete den Raum. Es ist ein Zimmer, ein kleines, einigermaßen unaufgeräumtes Zimmer mit einem ungemachten Bett, einem sehr großen Spiegel an der Wand dahinter, einem Wandschrank rechts daneben, einem Schreibtisch, Sideboard, Sessel – um nur die Dinge zu nennen, die mir als erste ins Auge fallen, bevor ich bei der näheren Untersuchung des Raums die zahlreichen Details entdecke, die sich dort befinden: Ein angebissenes Honigbrot zum Beispiel, ein ausgedruckter Text im Drucker auf dem Schreibtisch, Bücher im Sideboard, Bilder an der Wand, merkwürdige Reagenzgläser im Wandschrank, Videokassetten und CDs im Umfeld der entsprechenden Player und vieles mehr.

Natürlich weiß ich: Das ist eine Kulisse. Denn ich befinde mich im Theater, im Frankfurter LAB, um genau zu sein. Und das vermeintliche Zimmer ist eine Site of Fiction und eine „Illusionsmaschinerie nach Motiven von E.T.A. Hoffmann“, wie mir der Titel der Performance sagt, die ich hier besuche. Deshalb betrachte ich den Raum auch nicht wirklich als unaufgeräumtes Zimmer, sondern als Inszenierung eines solchen. Und entsprechend verhalte ich mich auch ganz anders, als ich mich in einem fremden Zimmer verhalten würde. Auch gehe ich davon aus, dass hier ganz andere Dinge geschehen können bzw. werden. Ich frage mich z.B., ob vielleicht jemand unter der Bettdecke zum Vorschein kommen wird, oder wie viele Eingriffe in das Arrangement meinerseits von der Inszenierung kalkuliert sind bzw. von ihr ausgehalten werden können.

Eine Videokassette, die ich einlege, lässt sich jedenfalls nicht abspielen. Und was das Ganze noch spezieller macht – bzw. theatraler –, ist der große Spiegel, der nicht von ungefähr an jene Einwegspiegel in Vernehmungsräumen erinnert, die man aus Fernsehkrimis kennt. Sprich: Anders als in einem gewöhnlichen Zimmer fühle ich mich beobachtet und vermute Zuschauer hinter dem Spiegel, Zuschauer allerdings, die ich nicht – jedenfalls jetzt noch nicht – persönlich identifizieren kann.

Und die Tatsache, dass ich mich von anderen beobachtet fühle, führt auch zu einer Selbstbeobachtung meiner Aktionen, in der mir diese auf einmal wie gespielte Aktionen vorkommen. D.h. in gewisser Weise schaue ich mir dabei zu, wie ich mich vor unbekannten Zuschauern als Rolle spiele – was gleichzeitig die Frage aufwirft, ob ich dies nicht vielleicht auch in einem gewöhnlichen Zimmer, vermeintlich unbeobachtet, immer irgendwie tue. Mit Jacques Lacan könnte man hier von einer Erfahrung jenes Blicks des ‚großen Anderen‘ sprechen, welcher uns im ‚Schauspiel der Welt‘ zu ‚angeschauten Wesen‘ macht. Und unter diesem Blick spiele ich das Spiel nun mit – obwohl ich auch diverse Versuche unternehme, es im wahrsten Sinne des Wortes zu durchschauen, indem ich meine Hände abschattend an den Spiegel lege, um hindurchzusehen, oder indem ich mich aus einem Fenster lehne, was mir tatsächlich den Blick auf eine der Performerinnen ermöglicht, die gemeinsam mit den anderen außerhalb der Zimmerkulisse das produziert, was mich innerhalb dieser Kulisse erreicht.

Aber auch diese Aktionen bleiben in gewisser Weise Teil des Spiels, und neben ihnen verhalte ich mich auch immer wieder so, wie Diderot es sich gewünscht hätte, d.h. ich tue so, als ob hinter der ‚vierten Wand‘, die sich im Einwegspiegel tatsächlich materialisiert, keine Zuschauer zugegen wären (wobei ich mir zunächst – d.h. bevor ich die Performerin im Außenraum sehe – im Unterschied zum Diderotschen Schauspieler ja auch nicht wirklich sicher sein kann, ob sich hinter dieser ‚vierten Wand‘ tatsächlich Zuschauer befinden). So höre ich z.B. irgendwann den piependen Anrufbeantworter ab, lese die Texte auf dem Schreibtisch – und lasse mich schließlich in eine Chat-Konversation am Computer verwickeln, die damit endet, dass ich gebeten werde, ein rotes Kleid aus dem Schrank zu holen, dessen Rückwand dann unerwartet von einer Performerin geöffnet wird, die mich einlädt, auf einer Zuschauertribüne im dunklen Außenraum Platz zu nehmen, wo schon mehrere Personen sitzen, die vermutlich vor mir in der Zimmerkulisse waren.

Von dort aus sehe ich nun das Ensemble der Performerinnen vor dem Einwegspiegel agieren – und hinter diesem Einwegspiegel einen weiteren Besucher, der die Zimmerkulisse betritt und dort beginnt, sich in der Szenerie zu orientieren, ohne dass ich sagen könnte, ab welchem Zeitpunkt sich dieser Besucher seinerseits beobachtet fühlt.

Text von Dr. André Eierman

Gefördert und unterstützt von:

Die theatrale Installation ist meiner Definition nach eine postmoderne Erzählstrategie.

Sie unterscheidet sich zu installativen Ansätzen, die aus der bildenden Kunst kommen insofern, als dass sie narrativ ist. Sie erzählt in irgendeiner Art und Weise und das ist ihr theatraler Bestandteil. Installation ist Postmoderne Erzählung als Raum.

Site of fiction ist der Versuch diese These in die Praxis umzusetzen.

Idee & Konzept: Eleonora Herder
Von & mit: Eleonora Herder, Maria Isabel Hagen, Michaela Stolte & Sabine Born
Produktion: Lena Krause
Technik: Stine Hertel und Camilla Vetters
Musikalische Beratung und Arrangement: Rebecca Berg

Unserer besonderer Dank gilt Bastian Kleppe für seine liebevolle und großzügige Unterstützung.

Ohne die Beratung von Jost von Harleßem wäre auch dieses Projekt nicht geglückt.

“Das Projekt „Site of fiction“ verstört die Erwartungen des Publikums durch die geniale Form seiner Publikumsbeteiligung.”

(Lukáš Jiřička: „Eleonora Herder. Site of fiction“, A2 Magazin, Prag 17.07.2013)

“Und die Tatsache, dass ich mich von anderen beobachtet fühle, führt auch zu einer Selbstbeobachtung meiner Aktionen, in der mir diese auf einmal wie gespielte Aktionen vorkommen. D.h. in gewisser Weise schaue ich mir dabei zu, wie ich mich vor unbekannten Zuschauern als Rolle spiele – was gleichzeitig die Frage aufwirft, ob ich dies nicht vielleicht auch in einem gewöhnlichen Zimmer, vermeintlich unbeobachtet, immer irgendwie tue.”

(Dr. André Eiermann, Juli 2013.)

„Eine einzigartige Theatererfahrung.“

( Vera Zimmermann: „Theater ganz anders: Rätsel, Snack und Spiele“, Oberhessische Presse, 25.06.2013)

Making of:

Lange Filmdokumentation des gesamten Stückes:

BOUNDARIES

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BOUNDARIES – Ein Archiv zukünftiger Fundstücke

Weltkulturen Museum Frankfurt

28.06. – 01.07. 2018

Wir schreiben das Jahr 2130. Die Erde ist seit mehreren Dekaden für menschliches Leben unbewohnbar. Ein Teil der Menschheit hatte die finanziellen Mittel um auf den Mars zu emigrieren. Von dort aus blicken sie zurück und versuchen herauszufinden, was damals wohl geschehen ist auf jener blauen Murmel, die sich, umgeben von Kälte und Dunkelheit, noch immer mit 465 Metern pro Sekunde um sich selber dreht.

In der Performance Boundaries. Ein Archiv zukünftiger Fundstücke blickt eine Gruppe von Forscher*innen zurück auf eine Zeit, die unter Historikern als „Grenzzeit“ bekannt ist. Eine Zeit, in welcher die Menschen verbundener waren als je zuvor in der Geschichte des Planeten Erde und doch hauptsächlich damit beschäftigt waren, Mauern zu errichten. Es war der Augenblick, in welchem die Menschheit begonnen hatte sich unumkehrbar in alle Kreisläufe des Planeten einzuschreiben und diesen zugleich in immer stärker von einander getrennte Bereiche aufzuteilen. Es war das letzte krisenhafte Aufbäumen des “Homo Terminus”, einer Gattung aus der Familie der Menschen, die sich hauptsächlich über ihre Grenzen definierte.

Die Wissenschaftler*innen untersuchen Überreste aus jener Zeit, bevor der Planet sich für immer veränderte: Objekte, Bilder und Töne, Spuren von jenem kurzen Moment, als noch alles möglich schien. Anhand dieser Fundstücke versuchen sie, herauszufinden, was das war: die Erde. Nach und nach entsteht ein Archiv vergangener Zukünfte. Spuren von jenem kurzen Moment, als noch alles möglich schien.

Eine Performance von andpartnersincrime.

Ticketreservierung unter: tickets@andpartnersincrime.org

Mit der Unterstützung von:

Von und mit:

Eine Performance von andpartnersincrime.

Künstlerische Leitung Eleonora Herder

Dramaturgie Tim Schuster

Videodesign Julia Novacek

Gestaltung + Raum Anya Sukhova

Sounddesign Marc Behrens

Live-Sounds + Klangregie Jan Bam

Performance Jan Bam, Eleonora Herder, Julia Novacek, Tim Schuster, Saeed Sedaghat, Anya Sukhova.

Sprecherstimmen Eleonora Herder und Saeed Sedaghat

Die Videodokumentation besteht aus vier Teilen, die sich nach den vier inhaltlichen Kapiteln der Performance richten. Jedes Kapitel kann losgelöst aus dem chronologischen Kontext betrachtet werden.

Premiere: 28.06.2018 im Weltkulturen Museum, in Frankfurt am Main.

Weitere Vorführungen: 29.06., 30.06.2018 und 01.07.2018

Ticketreservierung unter: tickets@andpartnersincrime.org

Die Botschaft ist natürlich bis zur Trivialität offenkundig. Doch das ist alles ausgesprochen gut gemacht und sorgsam ausgearbeitet. Mit Findigkeit und Witz im Detail. Und so hat es seinen Reiz: es macht Vergnügen das anzuschauen. 

Stefan Michalzik: “Spurensuche in den Trümmern der Erde”, Offenbacher Post, 30.06.2018

Es entbehrt nicht der feinen Ironie, dass sich Eleonora Herder und die Performer von andparnternsincrime das Weltkulturen Museum für “Boundaries” ausgesucht haben. Ein Stück, das man Installation, Gedankenexperiment, Theater oder Videoperformance nennen mag.

Christian Schütte: “Künftige Fundstücke“, FAZ, 30.06.2018

Boundaries ist eine ihr Thema vielfältig umkreisende Produktion. Rousseau wird ebenso zitiert wie über den Pass als eine Art Zelle nachgedacht. Man kann “Boundaries” lehrreich nennen, ohne dass man sich aufdringlich ermahnt fühlen muss.

Sylvia Staude: “Was macht die Gans über New York”, Frankfurter Rundschau, Feuilleton, 02.07.2018

Vielen Gedanken, Bilder und Vorstellungen zu den Themen Zaun, Mauer und Zelle und die dazugehörigen Geschichten. (…) Da hat man es wirklich geschafft einen befremdeten und erstaunten Blick auf unsere Gegenwart zu werfen. Und am Schluss: Mauern beinhalten immer auch ihre Überwindung und sei es nur in der Phantasie. 

Mario Scalla: “Wir schreiben das Jahr 2130” Hessischer Rundfunk- Frühkritik, 29.06.2018

Hier gibt es den kompletten Pressespiegel zum Download.

ARE YOU THERE

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ARE YOU THERE. .تو اونجایی (Tehran/ Frankfurt)

Landungsbrücken Frankfurt

2017/2018

Im Herbst 2015 flieht S. von Teheran nach Frankfurt auf der Suche nach einem neuen Leben. Zur gleichen Zeit reist L. für eine Theaterproduktion von Frankfurt nach Teheran auf der Suche nach einem verlornen Freund und sich selbst.

Während S. auf seinem Weg nach Deutschland bemüht ist möglichst wenig Spuren zu hinterlassen, stößt L. auf Spuren von Geschichten die nicht mehr erzählt werden.

Über Telegram und Skype erhalten beide immer wieder die gleichen Nachrichten: „Wo bist du? Bist du schon angekommen? Bist du da?

Zwei Reisen in unterschiedliche Richtungen. Zwischen Projektion und Realität. Eine Reise die Grenzen übertritt, entlang der Trassen unserer Zeit. Der Versuch einer Rekonstruktion.

Beide dokumentieren ihre Reise nur mit Audioaufnahmen. Denn Bilder sind gefährlich. Aber Zuhören ist erlaubt. #ListeningisnotaCrime.

Eine Produktions von:

ARE YOU THERE erzählt die abstrusen Geschichten einer subventionierten Künstlerreise und einer Flucht. Es sind zwei Reisen auf exakt der selben Route, aber in entgegengesetzter Richtung. Und obwohl sie sich örtlich stellenweise überschneiden, bewegen sie sich doch in verschiedenen Räumen.

Die Performer Malte Scholz sammelt die Dokumente der beiden Reisenden. Er legt sie nebeneinander hin: es sind reale Sounds, die Eleonora in Teheran aufgenommen hat, Handyvideos und Sprachnachrichten, die Saaed während seiner Flucht getätigt hat. Malte hört und schaut sie sich gemeinsam mit den Zuschauer*innen an und versucht daraus einen kohärenten Raum zu schaffen. Ein Versuch, der ihm immer wieder misslingt.

Künstlerische Leitung: Eleonora Herder
Dramaturgie: Tim Schuster
Performer: Lela Herder, Saaed Sedaghat & Malte Scholz
Sounddesign: Jan Mech
Bühnenbild: Anna Sukhova
Recherche und Beratung: Shahrzad Osterer
Originalmusik: Martin Shamoonpour
Original Foto- und Videodokumente: Michael Bloos

„Eine intrikate und vielschichtige kleine Inszenierung … Are You There gibt denen, die ihr Land nicht mehr ertragen, in einer atmosphärisch dichten Inszenierung eine Stimme.“ Sylvia Staude, „Wer spielt verliert“

Frankfurter Rundschau, 18.03.2017

„Reales Geschehen und fiktionale Ergänzungen durchdringen einander, im ständigen Wechsel zwischen gesprochenen Passagen, eingeblendeten Landkarten und Videos entsteht bei aller Fragwürdigkeit dann eben doch das sehr glaubhafte und intensiv spürbare Dokument einer Flucht.“ Matthias Bischoff, „Durch den langen Tunnel der Balkan Route“

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.03.2017 

“Beeindruckend die tolle technische Umsetzung der alltäglich-bizarren, doppelbödigen Geschichte …. Großes Lob für Jan Mechs Sounddesign aus Straßen-, Fahrten- und Basarszenen.” Marcus Hladek, „Bizarre Flucht aus Teheran“

Frankfurter Neue Presse, 24.03.2017 

“Die Frage, ob der „als Flüchtling fremdgelabelte“ Iraner in der allgemeneinen Wahrnehmnung irgendwann wieder der Mensch Saeed werde oder ob er die Grenze, die er überwinden musste immer mit sich trage wolle die Performance aushandeln.” Marie-Sophie Adeoso, „Erzählte Fluchtrealität“

Frankfurter Rundschau, 15.03.2017

“Bist du da? Are you there? Ist die begleitende und leitende Frage an die Reisenden, die immer wieder durch die digitalen Kommunikationsmedien scheppert.” La Balzer, „Are you there“

Journal Frankfurt, Nr. 7 März 2017

Premiere:

16th of march 2017 at Landungsbrücken, in Frankfurt am Main.

Shows:

17.03.2017 and 18.03.2017 at Landungsbrücken, in Frankfurt am Main

21.06.2018, 22.06. and 23.06.2018 at Landungsbrücken, in Frankfurt am Main

Upcoming:

July 2019, Sommerwerft- Theaterfestival am Fluss, Frankfurt am Main