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ZWOFADOLEI* (Zweifamilienhaus mit Doppelleitung)

StudioNAXOS Frankfurt

November 2014

„Fasse dich kurz!”

Ernst May

Zwofadolei. Das ist ein Zweifamilienhaus mit Doppelleitung. Im Niddatal stehen viele davon. Sie wurden gebaut für „Menschen am Existenzminimum“ und Personen, die unterwegs waren in eine neue Ära. Eine neue Ära der Gemeinsamkeit und Menschlichkeit. In ein neues Leben voll von Licht, Luft und Sonne, wo Variabilität noch die Gefahr von Anarchie in sich birgt.

Eleonora Herder und Anna Schewelew machen sich 90 Jahre nach der Planung des „Neuen Frankfurts“ auf die Suche nach diesem neuen Menschen. Sie besuchen ihn in den Einfamilienhäusern der Römerstadt und den Sozialwohnungen von Westhausen. Sie treffen Personen, die in Ernst Mays Gebäuden zum Teil schon seit Generationen wohnen und untersuchen, wie viel von Ernst Mays Biopolitik sich in diesen privaten Leben seinen Weg gebahnt hat.

Dieses Projekt arbeitet mit Augmented Reality. Für Zuschauer*innen, die kein oder nur ein schlecht funktionierendes Smartphone besitzen stellen wir Geräte zur Verfügung.

Gefördert von:

Der Stadt Frankfurt am Main und dem Studio Naxos.
Diese Produktion hat ausserdem die Postgraduiertenförderung der Hessischen Theaterakademie erhalten.

Konzept und Leitung: Eleonora Herder

Dramaturgie: Anna Schwelew

Bühnenbild: Sabine Born

Performance: Eleonora Herder & Maria Isabel Hagen

interface: zentralwerkstatt  / Fabian Offert

Die Häuser, die für unser Architekturmodell als Vorlage gedient haben, stehen heute noch genauso in Frankfurt-Praunheim. Es handelt sich bei ihnen um die allerersten Musterhäuser, die 1926 extra zu Anschauungszwecken für die internationale Architekturtagung für neues Bauen erstellt wurden.

Das von uns gefertigte Modell sollte von den Zuschauern interaktiv bedient werden, indem sie die Fenster mit der Kamera eines Tablets abscannen und sich mittels des Augmented- Reality-Programms kleine Filme in die Fenster der live abgefilmten Fassade legen. Diese Filme zeigen dann die Bewohner/innen Praunheims in ihrer Einrichtung beim Verüben von alltäglichen Tätigkeiten. Es sieht auf dem abgefilmten Livebild so aus, als ob die Menschen in Miniatur wirklich in dem Modell leben würden. In dem Moment, in dem die Videos ausgelöst wurden, kamen aus kleinen Lautsprechern, die in dem Haus installiert waren, alltägliche Nachbarschaftsgeräusche, so dass das Modell wirklich belebt schien.

Zusätzlich sollten die Zuschauer die einzelnen Räume wie Schubladen herausziehen können. Diese Schubladen steuerten über ein digitales Interface uns als Performerinnen an. Wir bekamen Toneinspielungen von Interviewausschnitten, die wir mit den Bewohner/innen zu den jeweiligen Räumen geführt hatten, ins Ohr und konnten diese dann wiedergeben.

Das Hausmodell wurde durch diese Dramaturgie zum Instrument, mit dem die einzelnen Audio- und Videoelemente in Gang gesetzt wurden. Es entstand ein performatives Spiel, was dem Zuschauer/in nicht nur ermöglichte, sich beliebig viel Information anzueignen, sondern dem Publikum auch abverlangte, sich untereinander zu organisieren, um die Performance kompositorisch zu gestalten. Somit wurde jede Aufführung auch zu einem sozialen Experiment; jede Zuschauergruppe organisierte sich anders und komponierte durch ihr Sozialverhalten eine andere, meist völlig neue Performance. Je kollektiver und basisdemokratischer sich die Zuschauergruppe organisierte, desto informativer wurde die Aufführung. So wie May die Architektur nutzen wollte, um einen neuen Menschen zu formen, wollten wir ein Architekturmodell nutzen, um den neuen Menschen zu suchen. Die Aufführung an sich war also nie ein fertiges Produkt, sondern formulierte sich jedes Mal aufs Neue zu einer gesellschaftlichen Versuchsanordnung.